Synagoge

Anfang des 19. Jahrhunderts entstand der Wunsch, nach dem Vorbild der Evangelischen und Katholiken auch für die Juden einen Versammlungs- und Gottesdienstraum zu bauen.

Nach den Aufzeichnungen des Herrn Anton Stüber, wurde die ehemalige Synagoge am 19. Marz 1825 fertiggestellt und eingeweiht. Die schmale Gasse, in der das Gebäude erbaut wurde, bekam den Namen "Synagogengasse".

Im "Baustil" der Synagoge finden wir ineinanderfließende Merkmale von romanischen und barocken Elementen, oder diesen ähnelnden Ausdrucksformen christlicher Kirchen dieser Zeit. Dieser Baustil ist geprägt durch Schlichtheit, Nüchternheit und Sparsamkeit. Es ist noch nicht die Architektur des spezifisch unverwechselbaren Synagogenbaus, die erst Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzte. Das Gebäude ist fast quadratisch und hat nur einen Versammlungsraum mit einer lichten Raumhöhe von fünf Metern. Das Satteldach steht in Traufstellung parallel zur Synagogengasse. An der Westseite sind zwei Eingangstüren, durch die Frauen und Männer getrennt in den Innenraum gelangten. Im Gebäudeinneren war ein ringsumlaufendes profiliertes Sandsteingesims zum Aufstellen von Kerzen und Leuchtern eingebaut, das auf den zentral ausgerichteten rituellen Gebrauch der Synagoge hinweist.

Bei der Einweihung 1825 waren, bedingt durch die Kosten des Neubaus, weder Gelder für einen Thora-Schrank noch Gelder für Farben vorhanden. Die Thora wurde in einer Nische aufbewahrt und die Synagoge weiß gestrichen. Erst als die Jüdische Gemeinde sich finanziell wieder erholt hatte, wurde dann ca. um 1900 die Synagoge zum ersten Mal restauriert. Es wurde ein schwerer, geschnitzter Thora-Schrank eingebaut, die Thora-Nische zugemauert und die Synagoge farbig gestaltet. Die jetzige Farbgestaltung der Synagoge entspricht, einem angefertigten wissenschaftlichen Farbgutachten nach, dieser ersten Synagogenrestaurierung.

1984 wurde die Synagoge durch die Untere Denkmalschutzbehörde der Kreisverwaltung Mainz-Bingen als prägnantes Zeitzeichen und Zeugnis jüdischen Lebens in der rheinhessischen Gemeinde unter Denkmalschutz gestellt. Sie gilt nicht nur als ein seltenes und gut erhaltenes Beispiel der Synagogenarchitektur des 19. Jahrhunderts, sondern zählt auch zu den ältesten Häusern Sprendlingens.

Erste Sondierungsgespräche im Frühjahr 1996 zwischen Ortsgemeinde, Blasorchester, Denkmalschutz und dem Sanierungsbeauftragen führten zum Ergebnis, dem Gemeinderat zu empfehlen, die seit 1938 als Schreinerwerkstatt genutzte Synagoge und eine benachbarte Scheune zu kaufen, um das Gebäude für die Nachwelt zu sichern und einer sinnvollen kulturellen Nutzung zuzuführen.